Das Bundeskabinett hat mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz die erste konkrete Maßnahme des Klimapakets verabschiedet. Doch das Gesetz benachteiligt nach Ansicht eines weltweit tätigen Energiedienstleisters deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb und zerstört Planungssicherheit für Betreiber und Investoren. Der Dienstleister fordert die Bundesregierung daher dringend zu Nachbesserungen auf und schlägt konkrete Maßnahmen vor.
Ein wesentlicher Bestandteil des neuen Klimapakets ist die CO2-Bepreisung. Damit will die Bundesregierung die Emissionen senken und sicherstellen, dass das Klimaziel – 55 Prozent Minderung bis 2030 im Vergleich zu 1990 – erreicht wird. Die Preise für die CO2-Emissionen werden jedoch nicht am Markt gebildet, sondern staatlich reguliert.
Sie sollen bis 2025 bei 35 Euro pro Tonne liegen und werden von 2026 an auf einen gesetzlich fixierten Korridor zwischen 35 und 60 Euro pro Tonne erhöht. Zudem sind regelmäßige gesetzliche Anpassungen möglich, die auf jährlichen Erfahrungsberichten der Bundesregierung beruhen werden. Hier wird bereits deutlich, dass durch das Klimapaket die Planungssicherheit für Investitionen sinkt, weil künftig Preisbildung nach politischen Gesichtspunkten erfolgen wird. Energieintensive Unternehmen brauchen aber verlässliche Angaben über Gas- und Stromkosten. Preiskorridore, die von der Regierung laufend angepasst werden können, zerstören jegliche Planungssicherheit.
Obwohl es bereits einen europäischen Emissionshandel für Industrieanlagen gibt, bei dem sich die Preise für CO2-Zer- tifikate am Markt abbilden und den man problemlos hätte erweitern können, wird jetzt in einem nationalen Alleingang staatlich reguliert. Von einer europäischen COi-Bepreisung kann daher keine Rede sein. Vielmehr handelt es sich um eine COj-Steuer. die deutsche Unternehmen finanziell benachteiligt. Zwar planen andere Länder wie beispielsweise Frankreich ebenfalls CO2-Steuem. Auf französische Unternehmen kommen jedoch nicht gleichzeitig weitere Zusatzkosten für den Ausbau erneuerbarer Energien, den Kohle- und Atomausstieg hinzu.
Marktverzerrung
Hinzukommt, dass die Bundesregierung Entlastungsmaßnahmen und ihre Wirksamkeit „zur Vermeidung von Car- bon-Leakage und zum Erhalt der EU-weiten und internationalen Wettbewerbsfähigkeit betroffener Unternehmen“ derzeit nicht verlässlich definiert hat. Frühestens 2022 soll hier Klarheit herrschen.
Die zusätzlichen Kosten durch die deutsche CO,-Besteuerung müssen die Unternehmen hierzulande aber bereits von 2021 an tragen. Allein diese zeitliche Verzerrung führt zu einem Wettbewerbsnachteil und zu unnötiger, stark investitionsschädlicher Planungsunsicherheit für Unternehmen. Das ist im internationalen Wettbewerb schlicht standortschädlich.
Es ist auch schlechte Klimapolitik. Denn in Deutschland gelten die strengsten Umweltauflagen. Beispiel Kupferindustrie: Eine Tonne Kupfer in Deutschland produziert verursacht nur halb so viele Emissionen wie der weltweite Durchschnitt. Bereits jetzt sind beispielsweise die Stromgesamtkosten, zu denen neben den Marktpreisen auch die Netzkosten, Steuern und Umlagen zählen, in Deutschland am höchsten, was zur Verlagerung von bestehenden Produktionsstätten und von Standortinvestitionen ins Ausland führt. Wenn jetzt zusätzlich auch die Gaskosten nicht mehr kalkulierbar sind, werden weitere energieintensive Unternehmen ihre Produktionsstätten in Länder mit weniger strengen Emissionsauflagen verlagern.
Ohne Planungssicherheit und Entlastungen lässt sich dieser Carbon Leakage nicht verhindern, was eine Steigerung der Gesamtemissionen zur Folge hätte. Die Bundesregierung sollte daher aus Sicht der enexion Group mit Hauptsitz in Schwalbach am Taunus Rahmenbedingungen schaffen, damit zum Beispiel der steigende Bedarf an Kupfer für die Elektrifizierung des Energiesystems aus den saubersten Standorten gedeckt werden kann.
Gas ohne Aufwand nutzen
Ein zweiter Aspekt: Durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz kann sich der bürokratische Aufwand für energieintensive Unternehmen, die Erdgas für ihre Anlagen einsetzen, ähnlich entwickeln wie es beim Strom mit dem EEG bereits der Fall ist.
Somit ist zu befürchten, dass die Bundesregierung beim Gas die gleichen Fehler wiederholt, die sie mit dem EEG beim Strom gemacht hat: Besonders stromintensive Produktionsunternehmen zahlen zwar bereits heute deutlich reduzierte EEG-Umlagen. Jedoch müssen sie dafür jedes Jahr einen hohen bürokratischen Aufwand leisten, der mehrere Mannmonate Arbeitszeit kostet und dessen Erfolg erst am Jahresende feststeht. So müssen die Unternehmen etwa auch den Stromverbrauch von geleasten Kaffeemaschinen und Getränkeautomaten ermitteln und manche Arbeitgeber verbieten ihren Angestellten bereits das Laden privater Handys – aus Sorge, dass diese irrelevanten Abgrenzungsmengen die existenznotwendige Entlastung bei der EEG-Umlage gefährden.
Die enexion Group hält es daher für dringend erforderlich, langfristige Planungssicherheit zu schaffen. Dazu braucht es effiziente und unbürokratische Entlastungen für energieintensive Betriebe. Auch die gesetzlichen und behördlichen Anforderungen sind radikal zu vereinfachen.
Dabei sollte die Bundesregierung unbedingt auch die Schlüsselindustrien der Zukunft IT- und Datacenter berücksichtigen, für die es aktuell zum Beispiel gar keine EEG-Umlageprivilegien gibt.
Die Bundesregierung könnte sich ein Beispiel an Kalifornien nehmen: Trotz des schärferen Emissionshandels und des starken Ausbaus der erneuerbaren Energien haben die Politiker dort von Anfang an auf eine hohe Planungssicherheit für Investoren, Wettbewerbsfähigkeit und marktwirtschaftliche Instrumente gesetzt. Die Stromentlastungen sind sicher und werden aktiv gefördert. Die staatlichen Belastungen sind langfristig planbar und die Emissionshandelskosten haben Ober- und Untergrenzen. Dabei sind die Unternehmen verpflichtet, strenge Umweltanforderungen einzuhalten. Ähnlich könnte es auch in Deutschland sein.
Mehr Koordination
Die Kosteneffizienz sollte stärker in den Vordergrund rücken und Maßnahmen, mit denen sich CO2-Reduktionen preiswerter erreichen lassen, sollten ideologiefrei bevorzugt werden. Außerdem sollte die Energiepolitik insgesamt koordinierter erfolgen. Statt unkoordinierter Einzelmaßnahmen sollte die Bundesregierung einen Master- plan für die Energiepolitik entwickeln – abgestimmt mit parallelen EU-Vorhaben der für langfristige Planungssicherheit sorgt. Der Ausbau erneuerbarer Energien sollte mit dem der Transport- und Verteilnetze abgestimmt und für zuverlässige Backup-Kapazitäten gesorgt werden. Nur so lässt sich etwa verhindern, dass geförderter Solarstrom in das europäische Ausland verkauft und bei Erzeugungslücken Atom- und Kohlestrom von Nachbarn eingekauft wird.
Anstatt notwendige Entlastungen zu einem späteren Zeitpunkt zu regeln, sollte die Bundesregierung fertige, EU-synchro- nisierte Gesetze vorlegen, damit Unternehmen und Investoren rechtssichere Planungssicherheit haben. Schließlich ist die aktive Ansiedelung energieeffizienter und energieintensiver Unternehmen nicht nur gut für die deutsche Wirtschaft, sondern auch für den globalen Klimaschutz.
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