Energiewende und der Auslauf der Förderung von Windkraft und Photovoltaik

16.03.2021 enexion

Die Förderung der vor 20 Jahren und früher gebauten Windkraft- und Photovoltaikanlagen läuft Zug-um-Zug aus. Damit ist die Gefahr verbunden, dass wesentliche Bestandteile der Energiewende wegfallen, weil sich der Weiterbetrieb der Anlagen wirtschaftlich nicht mehr rentiert. Das Volumen der Anlagen, die aus der Förderung fallen ist erheblich. Im Bereich Windkraft macht eine Studie, welche vom  Bundesverband Windenergie e.V. und der Deutschen WINDGUARD GmbH 2017 erstellt wurde, nähere Angaben: Niedersachsen führt mit großem Abstand mit rund 3.500 Altanlagen und einer Gesamtleistung von 4,3 GW im betreffenden Anlagensegment. Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen verfügen jeweils über etwa 2 GW Altanlagenleistung, die Altanlagenanzahl liegt in diesen drei Ländern zwischen 1.500 und 2.000. In Schleswig-Holstein sind noch rund 1.000 Altanlagen mit 1,4 GW installiert. Gemeinsam stellen die fünf genannten Länder rund 75% der installierten Altanlagenleistung. Insgesamt stehen 6.500 Altanlagen mit insgesamt 7,7 GW installierter Leistung zur Disposition. Wobei berücksichtigt werden muss, dass seit dem Zeitpunkt der Studienerstellung bis heute ein Teil dieser Anlagen bereits abgebaut oder repowert wurde. Deswegen gilt heute unter Berücksichtigung aller Windkraftanlagen in Deutschland: Ende des Jahres 2020 ist hiervon eine Altanlagenleistung [insgesamt] von etwa 3.800 – 4.000 MW betroffen. In den Folgejahren bis 2025 folgen pro Jahr durchschnittlich weitere 2.300 – 2.400 MW. Dem gegenüber stehen Ausschreibungsmengen von 2.800 MW bzw. 2.900 MW pro Jahr. Das heißt, dass im Falle eines unmittelbaren Rückbaus der betroffenen Brutto-Altanlagen große Auswirkungen auf den Netto-Zubau bestehen. Die Frage nach der Wahrscheinlichkeit eines Weiterbetriebs unter den gegebenen Rahmenbedingungen gewinnt dadurch an Bedeutung …. Das ist vollkommen richtig. Ende des Jahres 2020 betrug die installierte Leistung Windkraft on- und Offshore insgesamt 62,43 GW. Mehr als 15 GW installierte Leistung Windkraft stehen allein bis Ende 2025 zur Disposition. Ein Wegfall eines erheblichen Teils dieser Altanlagen wäre ein schwerer Rückschlag für die Energiewende. Tatsächlich sieht es aktuell duster aus mit dem Zubau von Windkraftanlagen. Von 2019 auf 2020 stieg die installierte Leistung lediglich um 1,71 GW netto. Der Zubau 2021 ist aktuell auch nicht sehr stark. So könnte es sogar sein, dass die installierte Leistung netto in diesem Jahr sinkt. Was für die Energiewende eine Katastrophe wäre. Ein Blick auf die Kosten, die beim Weiterbetrieb nicht mehr geförderter Anlagen anfallen, lässt erkennen, dass die Mindestbetriebskosten aktuell kaum mit den Strompreisen korrelieren:

Quelle: https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/publikationen-oeffentlich/themen/02-technik-und-netze/06-betrieb/perspektiven-fuer-den-weiterbetrieb-von-wea-nach-2020-v3c.pdf Seite 8

Der folgende Chart, welcher beispielhaft den Zeitraum Januar 2021 abbildet belegt, dass immer, wenn die Erneuerbaren Energieträger – das ist im Winter hauptsächlich die Windkraft – besonders viel Strom produzieren, die Preise niedrig sind. Oft liegen sie erheblich unter dem Wert, der für einen wirtschaftlichen Weiterbtrieb von Windkraftanlagen als notwendig erachtet wird.

Quelle: https://energy-charts.info/charts/price_spot_market/chart.htm?l=de&c=DE&interval=year&zoom=plus

Da kann der Weiterbetrieb einer alten Windkraftanlage schnell zum Verlustgeschäft werden. Unserer Meinung nach sollte die Politik alles daransetzen weitere und bessere Voraussetzungen zu schaffen, dass alte funktionsfähige Anlagen weiterbetrieben werden können. Ob die Regelung in der aktuell verabschiedeten EEG-Novelle 2020 ausreicht, darf bezweifelt werden. Die Übergangslösung für Windenergieanlagen, deren Förderdauer nach 20 Jahren Ende 2020 eigentlich abgelaufen wäre, […] sieht nun vor, dass alle sogenannten Ü20-Anlagen bis Ende 2021 eine leicht erhöhte Vergütung oberhalb der Stromhandelspreise erhalten. Bis Juni 2021 beträgt dieser Zuschlag einen Cent pro Kilowattstunde (kWh) auf die derzeit häufig bei rund zwei bis drei Cent liegenden Marktpreise. Danach fällt der Zuschlag in zwei Stufen auf 0,5 und dann auf 0,25 Cent ab. Anlagen, die auf Flächen mit der Möglichkeit zum Repowering stehen – der Austausch alter gegen neue leistungsstärkere Anlagen – erhalten danach keine Sonderförderung mehr. Wo nicht repowert werden kann, sollen die Anlagenbetreiber sich an zwei Ausschreibungen noch in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres beteiligen. Während die erste Ausschreibung neue Fördertarife für den Rest des Jahres 2021 bestimmen soll, ermöglicht die zweite Ausschreibung eine Anschlussförderung mit Tarifen bis Ende 2022.

Quelle: https://www.erneuerbareenergien.de/bundestag-verabschiedet-eeg-reform-mitsamt-altanlagenregelung

Nicht nur die Subventionierung von Windkraftanlagen läuft aus, auch Photovoltaikanlagen, die 20 Jahre oder älter sind, fallen aus der Förderung. Da die ersten PV-Anlagen allermeist auf privaten Ein- oder Zweifamilienhausdächern installiert wurden, sieht die EEG-Novelle 2020 hier eine größere Bandbreite von Maßnahmen zur Weiternutzung vor. Gut zusammengefasst und erläutert hat dies die Verbraucherzentrale NRW:

  • Ende 2020 hat der Bundestag das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) um Regelungen für Ü20-Anlagen ergänzt. Diese sind zunächst bis Ende 2027 befristet.
  • Der Netzbetreiber muss weiterhin den Strom aus der Anlage abnehmen und eine Vergütung bezahlen. Diese hängt vom Börsenstrompreis ab und wird voraussichtlich zwischen 2 bis 4 Cent pro Kilowattstunde betragen.
  • Wer nach dem Ende der EEG-Förderung nichts an seiner Photovoltaikanlage verändert, erhält diese Anschlussvergütung automatisch.
  • Sie können Ihre Ü20-PV-Anlage auch auf Eigenverbrauch umstellen und den überschüssigen Solarstrom ins Netz einspeisen. Ob sich das lohnt, sollten Sie im Einzelfall prüfen (lassen), denn auch dies ist mit Aufwand und Kosten verbunden.  
  • Bevor Sie eine Entscheidung darüber treffen, ob Sie die Anlage weiterbetreiben, sollten Sie diese detailliert von einem Fachbetrieb checken lassen, um die mechanische und elektrische Sicherheit sowie die Leistungsfähigkeit der Photovoltaikanlage zu bewerten. 

Die Politik hofft, dass damit der Rückbau alter, aber funktionstüchtiger PV-Anlagen vermieden wird. Photovoltaik spielt zwar im Herbst/Winter kaum eine Rolle bei der Stromerzeugung. Im Frühjahr/Sommer hingegen ist sie oft stark. Bereits Ende Februar 2021 übertraf die Stromerzeugung Photovoltaik die der Windkraft sehr häufig.

Das Jahr 2021 war in den ersten beiden Monaten überhaupt kein gutes für die Stromerzeugung insbesondere durch Solar- und Windkraft. Obwohl ein  Zubau in den Bereichen Windkraft und Photovoltaik stattgefunden hat (Photovoltaik 5,4 GW, Windkraft offshore 2,67 GW, Windkraft onshore 5,65 GW), lag die Stromerzeugung Januar, Februar 2021 mittels Windkraft- und Photovoltaikanlagen unter der der Jahre 2019 und 2020 und nur ganz knapp über der Stromerzeugung des Jahres 2018. Da wundert es kaum, dass auch eine angenommene Verdreifachung der Stromerzeugung Windkraft und Photovoltaik in den ersten beiden Monaten 2021 lediglich 27 Tage (von 59) ergeben hätte, an denen die erneuerbare Stromerzeugung gesamt (mit Biomasse und Wasserkraft) ausgereicht hätte, den Strombedarf Deutschlands zu decken.  Die Grafik unten zeigt, wie unregelmäßig ein regenerativ erzeugter Stromüberschuss entsteht. Das wiederum macht die Wasserstofferzeugung mittels Elektrolyse schwierig. Da braucht es regelmäßig fließenden Strom.

Es sind die grünen Balken neben den blauen (=Strom reicht im Tagesdurchschnitt aus), die signalisieren, dass und wie viel TWh überschüssiger Strom vorhanden wäre. Würde man diese insgesamt etwa 16 TWh als Wasserstoff speichern, stünden nach Rücktransformation rund 4 TWh Strom zur Verfügung. Der reicht bei Weitem nicht aus, um die Stromlücke (braune Balken) von etwa 15 TWh zu schließen, die trotz Verdreifachung entstanden wäre. Rechnen Sie diverse Strom-Speicher-Strom-Szenarien selbst durch.

Die deutsche Energiewende ist noch ein weiter, immer unsicher werdender und teurer Weg. Vor allem sollte sich die Politik überlegen, wie sie den Ausstieg aus der Kernenergie – gut 8 GW installierte Leistung werden bis Ende 2022 stillgelegt – versorgungstechnisch managen will.  Da fallen pro Monat etwa 5 TWh sicherer, grundlastfähiger Strom weg. Wie soll der ersetzt werden? Mit Gas- und/oder Kohlestrom aus Deutschland, den Niederlanden und Polen? Oder durch Import von Strom aus französischen, schweizerischen, tschechischen Kernkraftwerken. Der CO2-Ausstoß wird in Deutschland nach 2021/2022 jedenfalls erhöhen. Es sei denn, der inländische Strom aus Kernkraft würde durch ausländischen ersetzt…

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