Energiewende und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Teil 2)

08.06.2021 enexion

In einem Interview des Dlf meinte Jan Philipp Abrecht, der grüne Umweltminister in Schleswig-Holstein: […] im Grunde genommen muss jeder [Bürger] ein bestimmtes Budget an Treibhausgasausstoß am Ende zugestanden bekommen, denn wir werden ja nicht alle auf null runterkommen, sondern wir werden alle immer noch was verbrauchen – ob es Lebensmittel sind, Wohnen oder eben Mobilität. Aber es muss eben ein nachhaltiger Fußabdruck sein, und der muss dann pro Kopf verteilt werden. Es darf nicht so sein, dass sozusagen die, die viel Geld haben, am Ende das Budget aufbrauchen und für alle anderen nichts über bleibt, sondern das muss pro Kopf verteilt werden. Seit dem Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts scheint der Begriff CO2-Budget das neue Narrativ für den Klimaschutz zu werden. Damit kann die CO2-Ersparnis auf den einzelnen Bürger heruntergebrochen werden. Sprach das Gericht doch von 6,7 Gigatonnen (Gt) Co2-Ausstoß, die Deutschland bis zur Klimaneutralität verbleiben. Dahinter steht die Idee, dass dies der Beitrag Deutschlands ist, wenn man die Erderwärmung zumindest unter 2° halten will. Das hätte für die Bürger Deutschlands schon erhebliche Konsequenzen. Das Jahr 2020 stand ganz im Zeichen der Corona-Pandemie mit Einsparungen im Bereich Mobilität, Konsum und vielem mehr. Das hatte zur Folge, dass statt der ursprünglich über 800 Millionen Tonnen (t) Co2 lediglich 739 Millionen Tonnen ausgestoßen wurden. 2020 waren es somit etwa 8,7% weniger CO2 als 2019. 739 Millionen Tonnen, das ist doch schon mal ein Pfund, mit dem man wuchern kann. Sollte man zumindest meinen. Denn das Klimaschutzgesetz vom Dezember 2019 als auch die Novelle 2021 setzen für 2020 einen CO2-Ausstoß in Höhe von 813 Millionen Tonnen an. Aber auch die ´echten` 739 Millionen Tonnen, die Deutschland tatsächlich im Jahr 2020 ausgestoßen hat, würden, wenn keine Einsparungen erzielt würden, bis 2030 die vorgegebenen 6,7 Gigatonnen nicht nur ´aufbrauchen`, sondern mit 8,13 Gt erheblich übertreffen. Klimaneutralität müsste somit bereits vor 2030 erreicht werden. Was bei gleichbleibendem Ausstoß unmöglich ist. Also muss CO2 eingespart werden. Von jedem Bürger. Wie Herr Albrecht es oben fordert. Jedem Bürger wird ein CO2-Budget zugewiesen. 2020 hat der Bürger in Deutschland pro Kopf 8,9 Tonnen CO2 ausgestoßen. Im Durchschnitt. Und natürlich nicht persönlich. Dennoch, der durchschnittliche CO2-Ausstoß ist Ausdruck einer Lebensweise eines Landes. Man lebt in Deutschland gut und gerne. Wirtschaftlich gesehen. Man verreist, kauft Autos und konsumiert. Das stärkt die Binnenwirtschaft. Als Exportnation verdienen viele Menschen ihr Geld in Unternehmen und Industrien, die Güter für andere Länder herstellen. Auch das bewirkt CO2-Emissionen. In Deutschland. Bleibt die Frage, wie hoch der CO2-Austoß pro Kopf in Deutschland sein darf, wenn man dem Narrativ des CO2-Budgets folgt. Es kommt ganz darauf an, wann die Klimaneutralität erreicht sein soll. Je länger sich der Prozess hinzieht, desto weniger CO2 bleibt pro Kopf zum Verbrauch, desto geringer wird das Budget pro Bürger. Den Plänen der Bundesregierung entsprechend bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen wären es 3,36 Tonnen CO2 pro Bürger, wobei ab 2045 kein CO2, welches nicht in irgendeiner Form gebunden wird und somit nicht mehr erderwärmend wirkt, ausgestoßen werden dürfte. Das bedeutet, das in Zukunft erhebliche Wohlstandsverluste ein Kauf genommen werden müssen. Denn natürlich fordern Klimaschützer, aber auch das Bundesverfassungsgericht Verhaltensänderungen jedes einzelnen Bürgers ein. Das belegt das Zitat oben. Selbstverständlich wird mit den üblichen Instrumentarien Steuern, Abgaben, Ge- und Verboten der Bürger, die Wirtschaft, die Gesellschaft insgesamt auf den klimarichtigen Weg „geschubst“. Selbstverständlich soll das Ganze so gerecht wie möglich von statten gehen. Doch 3,36 Tonnen bleiben 3,36 Tonnen. Statt 8,9 Tonnen im Jahr 2020. Bereits da haben sich die Menschen wegen der Corona-Maßnahmen erheblich einschränken müssen. Für ein hochproduktives Industrieland ist der CO2-Ausstoß Deutschlands bereits heute im unteren Bereich angesiedelt, wie ein Blick auf die CO2-Karte der KfW belegt. Um den CO2-Ausstoß auf die 3,36 Tonnen pro Bürger zu begrenzen, wird und muss es richtig ans Eingemachte gehen. Dabei ist die Verteilung des CO2-Weltbudgets nach dem Gießkannen-Prinzip in sich ungerecht. Eine Verteilung nach Produktivität käme der Lebenswirklichkeit, und damit einer zwischenstaatlichen Gerechtigkeit erheblich näher. Was nutzt es den Ländern, in die Deutschland begehrte Produkte exportiert, wenn dies wegen der CO2-Einsparpflichten Deutschlands nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich ist. Warum sollen diese Länder nicht einen Teil ihres CO2-Budgets auf Deutschland übertragen? Solche Überlegungen hat das Bundesverfassungsgericht, haben die Institute, deren Gutachten und Studien dem Beschluss des Gerichts zugrunde liegen, nicht angestellt. Im Gegenteil. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) meint:  Aber wie lässt sich feststellen, wie groß der dafür erforderliche Maximalbetrag an Gesamtemissionen für Deutschland noch ist? „Der Pariser Klimavertrag erfordert, dass die Verteilung des noch verbleibenden globalen CO2-Budgets unter den Staaten gerecht und angemessen ist. Wir schlagen daher vor, dass dies nach Bevölkerungszahl geschehen sollte. Dann beträgt das CO2-Budget Deutschlands ab 2020 noch maximal 6,7 Milliarden Tonnen CO2, wenn die Erde sich gegenüber der vorindustriellen Zeit nicht mehr als 1,75 Grad erwärmen darf. Sollen sogar 1.5 Grad Erwärmung nicht überschritten werden, wofür es gute wissenschaftliche Gründe gibt, wäre das Budget geringer“, so Lucht.

Da der Klimaschutz in Deutschland wegen des Klimabeschlusses der Bundesverfassungsgerichtes mittlerweile Verfassungsrang hat, wird Deutschland sich gezwungenermaßen auf einen sehr steinigen Weg begeben müssen. Wie der im alltäglichen Leben aussehen kann: Der Ökonom Prof. Nico Paech von der Uni Siegburg bereits 2019. Hellseherisch breitet er die Instrumente, das erhoffte und notwendige Verhalten „guter Vorbilder“ aus, die in den kommenden Jahren den Bürger in Deutschland beeinflussen und auf Linie bringen werden. Selbstverständlich alles zum Schutz des Klimas und zur Rettung der Welt.

Zum Schluss noch ein Detailproblem, dass bei einer rein nationalistischen Sicht gerne vernachlässigt wird. Viele Menschen glauben, dass mit dem Ersatz der Verbrennungsmobilität durch E-Mobilität der Mineralölverbrauch automatisch sinken müsste. Das ist leider zu kurz gedacht. Das Mineralöl, dass in großer Menge in Deutschland eingespart wird, wird zu einem sinkenden Preis am Weltmarkt führen. Länder, die nicht am CO2-Emissionshandel teilnehmen, werden das nun für sie günstiger werdende Mineralöl kaufen. Mehr kaufen als vorher. Denn mit dem günstigen Öl kann günstig Wohlstand gemehrt werden. Und genau das wird gemacht. Schauen Sie sich dazu die Ausführungen von Prof. Hans-Werner Sinn zu diesem Thema an. Der Video-Ausschnitt ist ein Auszug aus dem Vortrag, den Prof. Sinn online für Volkshochschulen gehalten hat. Thema: Der Green Deal in Europa

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