Das Energiewende-Paradoxon

19.05.2020 enexion

Eine bekannte Kämpferin für die Energiewende ist Prof. Claudia Kemfert vom DIW, die es immer wieder schafft, mit besonderen Vergleichen und einleuchtenden Analysen in Presse, Funk und Fernsehen die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Umstrukturierung einer nachfrageorientierten Energiewirtschaft in eine angebotsgesteuerte zu überführen. Als Wirtschaftswissenschaftlerin hat Prof. Claudia Kemfert nicht unbedingt den technisch-naturwissenschaftlichen Hintergrund für eine exakt nachprüfbare Expertise, was denn auch nur hinderlich wäre bei der Verteidigung des EEG, egal welcher ökologische Nutzen je eingesetztem Euro bislang herausgekommen ist. Dabei ist unbestreitbar, dass Claudia Kemfert die Dinge knallhart auf den Punkt bringt. Zum Beispiel im Resümee zu den Auswirkungen des EEG, welches am 25.2.2020 seinen zwanzigsten Geburtstag feierte: Ich würde mal sagen, ohne diese Förderung, die wir da vor 20 Jahren angefangen haben, hätten wir heute nicht diesen Anteil der erneuerbaren Energien, wir hätten vor allen Dingen nicht die billigen erneuerbaren Energien, die ja weltweit jetzt zum Einsatz kommen. 

Was Frau Professor Kemfert mit weltweit meint, erläutert sie nicht. Nur eines ist gewiss: Deutschland liegt mit seinen Strompreisen allerdings in der Weltspitze. Was wache Geister womöglich ob der Aussage oben lächeln lässt. Frau Prof. Kemfert verdichtet den Sachverhalt genau deshalb in einen Merksatz, der in der Geschichte der Energiewende als das EnergiewendeParadoxon eingehen wird. Man hat dann 2009 die Berechnungsgrundlagen geändert. Dadurch ging noch mal ein sehr großer Sprung nach oben beim Strompreis. Das ist aber politisch gewollt, und so hat man immer eher den Eindruck, Strom oder erneuerbare Energien sei ein Luxusgut, weil der Strompreis steigt, aber das Gegenteil ist richtig: Erneuerbare Energien werden immer billiger, nur sieht man es nicht am Strompreis. Kurz:

Das Energiewende – Paradoxon:

Erneuerbare Energien werden immer billiger, nur sieht man es nicht am Strompreis.

Für diese Erkenntnis müssen wir Frau Professor richtig dankbar sein. Erklärt das Energiewende – Paradoxon doch die stetig steigenden Strompreise für die Stromkunden in Deutschland. Man erkennt nicht, dass Strom, der mittels erneuerbarer Energieträger erzeugt wird, immer billiger wird. Denn selbstverständlich ist das so – vor allem für unser benachbartes Ausland. Dies kauft vor allem Strom aus überschüssiger EE-Erzeugung zu niedrigsten Preisen, erhält diesen ab und zu sogar geschenkt und immer wieder sogar mit einem satten Bonus. Genau der Strom, für den die Stromkunden in Deutschland die jeweiligen Umlagesätze zahlen muss, damit die Windstrommüller und Solarstromernter, sowie selbstverständlich auch die übrigen Hersteller des mittels der erneuerbare Energieträger Biomasse und Wasserkraft erzeugten Stroms ihre hohen, staatlich garantierten Vergütungen erhalten. Marktwirtschaft sieht anders aus.

Betrachten Sie bitte diesen Chart. Der grüne Bereich stellt den regenerativ erzeugten Strom dar. Der blaue Bereich ist der konventionell hinzu erzeugte Strom. Damit es übersichtlich bleibt, wurde zunächst der Strombedarf ausgeblendet. Man erkennt, dass immer dann, wenn die regenerativen Energieträger eine starke Stromerzeugung – und die korreliert nahezu immer mit deutschem Stromexport – hinlegen, der Börsenstrompreis sinkt. Geht die regenerative Stromerzeugung zurück, muss Deutschland recht häufig per Saldo Strom importieren. Dann allerdings zu relativ hohen Preisen, wie dieser Chart belegt. Wenn in den Chart oben der in Deutschland benötigte Strom wieder eingeblendet wird, fällt auf, dass die bundesdeutschen konventionellen Stromerzeuger ab Anfang April immer eine Deckungslücke (weißer Bereich) zwischen deutscher Gesamtstromerzeugung zum Strombedarf (lila Linie) entstehen lassen. Der zusätzliche benötigte Strom wird im benachbarten Ausland eingekauft, vorzugsweise aus Frankreich und der Schweiz und den Niederlanden, Schweden und Dänemark. Das hat den Vorteil, dass das CO2, welches bei der ausländischen Stromerzeugung entsteht, nicht auf das deutsche CO2-Konto angerechnet wird. Auch ist es im Sinn unserer Klima- und Weltenretter, dass mittels Kernenergie erzeugter Strom nicht im Inland, sondern außerhalb Deutschlands produziert wird. So kann das ´Narr`ativ von einem Deutschland, welches in zwei Jahren frei von Kernkraftwerken ist, aufrechterhalten werden. Es können die restlichen Kernkraftblöcke abgeschaltet werden, ohne die Stromversorgung zu gefährden. Faktisch ist es allerdings nur ein Verschieben von CO2-Ausstoß und – angeblichen – kernenergetischen Risiken in andere Teile Europas, was der kluge Beobachter schnell als Volksverdummung entlarvt. Der Mehrwert für das ´Klima` und globale CO2-Emissionen  bleibt dabei fraglich. Möglich werden allerdings höchst attraktive Strompreis-Differenzgeschäfte, die unsere Nachbarn oft und gerne tätigen. Und auf einmal weiß der geneigte Betrachter, was es mit dem Energiewende-Paradoxon, formuliert von Prof. Claudia Kemfert, auf sich hat: Es kommt ganz auf den Standpunkt an. Lesen, hören Sie das komplette Interview des Deutschlandfunks mit Prof. Claudia Kemfert: Hier klicken

Ein Schmankerl zum Schluss: Am 14. Mai wurden die Kühltürme des Anfang 2020 abgeschalteten Kernkraftwerks Philippsburg II geschleift. Der Moderator der 19:00 Uhr heute-Nachrichten meinte treuselig, dass nunmehr ein Umspannwerk auf dem Gelände errichtet werde. Ein Umspannwerk, welches Kohlegleichstrom aus NRW – Osterath in Wechselstrom umwandelt. Kostenpunkt: 30 Millionen,
Gesamtinvestitionsvolumen Netzknoten Philippsburg: Eine Milliarde €. Der Videoausschnitt
mit Sprengung und Kommentar: Hier klicken

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